Voll Vertrauen

Unter diesem Titel standen die vergangenen Predigtserien. Diese zwei Wörter lassen sich am Sonntag im gut gepolsterten Kirchenstuhl einfach bejahen, wenn alle ausgeruht und friedlich der Predigt lauschen. Mitten im Leben und unter der Woche sind das zwei Wörter, die immer wieder ihre Bestätigung einfordern und das ist gut so. 

Ja warum soll es gut sein, wenn unser Vertrauen auf die Prüfung gestellt wird? Dazu mehr später. In der Tat hatte ich in den letzten Wochen oft Gelegenheit mein Vertrauen zu üben. Ich hatte im Frühling nach einem Sturz eine Schulteroperation und dachte, dass das alles über die Unfallversicherung laufen würde. Über den Arbeitgeber bin ich netterweise im Unfall privatversichert. So lief alles wunderbar und ich darf mich heute wieder meiner hergestellten Gesundheit erfreuen. Doch ein paar Monate nach der Operation erhalte ich ein Schreiben, dass mein Fall eben nicht über die Unfallversicherung, sondern über die Krankenkasse abgerechnet werden müsse. Ich habe mir deren Argumente unter die Lupe genommen und musste feststellen, dass ihnen einige wichtige Angaben fehlten. Guten Mutes habe ich in einer Einsprache auf die verschiedenen Lücken hingewiesen in der Annahme, dass somit der Fall erledigt sei. Dem war nicht so und ich erhielt vor ein paar Wochen erneut den Bescheid, dass die Abrechnung über die Krankenkasse erfolge. Dies mit der Konsequenz, dass Forderungen in der Höhe von mehreren tausend Franken auf mich zukamen. 

Jetzt kommt parallel dazu diese Predigtserie mit dem Titel «voll Vertrauen». Wo ist nun mein Vertrauen in dieser doch unschönen Situation gefordert? Neben meiner Wut und meinem Ärger tauchen im Stillen Fragen auf wie «Wer ist dein Versorger?» oder «Wer sorgt am Schluss für Gerechtigkeit?». Ich stehe mittendrin in meiner Unmut und merke, jetzt kann ich mich im Vertrauen üben. Ich merke wie es mich Kraft und Energie kostet hineinzustehen in dieses «voll Vertrauen». Es ist kein Sonntagsspaziergang, sondern es fordert von mir bewusste Entscheidungen. 

Besonders herausfordernd ist der Gang über den schmalen Grat zwischen der Überlegung, wo ich mich noch wehren kann und wo ich mich einfach fallen lassen darf. Für jemanden, der gewohnt ist die Dinge anzupacken, ist das wirklich eine Herausforderung! 

In diesen Fragen der Versorgung und der Gerechtigkeit kommt aus der Tiefe noch ein weiterer Punkt, gerade dann, wenn es vielleicht kein Happy End gibt. Lasse ich bittere Wurzeln in meinem Herzen wachsen, wenn ich Ungerechtigkeit erlebe? Habe ich nicht das Recht diesen bitteren Wurzeln freien Lauf zu lassen, denn schliesslich wurde ich ja ungerecht behandelt? Haben wir nicht alle das Recht ein Fläschchen Bitterkeit im Gepäck zu horten? Denn wenn wir uns umschauen gibt es in der Tat viel Ungerechtigkeit und da ist es doch angebracht eine rechte Portion Bitterkeit zu pflegen. 

Letzte Woche ist mir folgender Vers begegnet: Achte auf deine Gedanken, denn sie entscheiden über dein Leben! Was gewinne ich, wenn ich zulasse, dass sich bittere Gedanken in meinem Herzen einnisten? Nichts! Aber ich verpasse einen grossen Schluck Medizin Namens Vertrauen. Vertrauen, dass Gott einmal vollständige Gerechtigkeit wiederherstellen wird und Vertrauen, dass Gott mein Versorger ist. 

Ich meine, dass Vertrauen eine der kostbarsten Arten des Lobpreises ist! Vertrauen bringt Nähe und führt mich in meine Gottesbestimmung. Gemeinschaft mit Gott!

Urs Bolliger